Projektvorstellung
Diese im Oktober 2021 in Betrieb genommene Webpage (digitALD) ersetzt zwei Netz-Tools (IRS und SDB) des Sprachatlasses ALD, die im Jahr 2012 in Betrieb gegangen waren und leider ihre technische Funktionalität ab 2016 schrittweise verloren haben.
Das „Index Retrieval System“ IRS erlaubte die detaillierte Suche in den Transkriptionen der beiden Teile des ALD, während die „Sound Data Base“ SDB die punktgenaue Abhörung aller in den Zeiträumen 1985-1992 (ALD-I) und 2001-2007 (ALD-II) gemachten Tonaufnahmen erlaubte.
Die von David und Tobias Englmeier (LMU München) 2020/21 realisierte Neukonzeption (digitALD) vereint nicht nur die Funktionen von IRS und SDB, sondern erweitert diese durch eine innovatorische kartographische Komponente, die die facettenreiche Betrachtung aller 1950 publizierten Sprachkarten des ALD erlaubt.
Zum Sprachatlas ALD („Atlas linguistich dl ladin dolomitich y di dialec vejins“, (”Atlante linguistico del ladino dolomitico e dei dialetti limitrofi”)
Der ALD besteht aus zwei Teilen (ALD-I und ALD-II), die nach einheitlichen methodischen Prinzipien zwischen 1985 und 1998 (ALD-I: Publikation im Jahr 1998 in sieben Bänden mit 884 Sprachkarten und drei CD-ROM) sowie zwischen 1999 und 2012 (ALD-II: Publikation im Jahr 2012 in sieben Bänden mit 1066 Sprachkarten) erarbeitet worden waren.
Die nach der Jahrtausendwende durch eine DVD ersetzten drei CD-ROM enthielten nicht nur die transkribierten Atlasdaten der 884 Sprachkarten des ALD-I, sondern auch den weltweit ersten „Sprechenden Sprachatlas“ (zu den 21 Meßpunkten der brixnerisch-tirolischen Ladinia und den Antworten auf die dort gestellten 806 Fragen), für den ab 2003 auch eine Netzversion eingerichtet wurde.
Auf den 884 in vier Großformatbänden publizierten Sprachkarten des ALD-I werden vornehmlich Themen der Lautlehre sowie der elementaren nominalen und verbalen Morphologie behandelt. Einen Überblick über die verwendeten Lautzeichen geben die folgenden Tabellen: ALD-Light; ALD-Standard.
Der im Jahr 2012 mit der Publikation von sieben Bänden (davon fünf Großformatbände mit 1066 Sprachkarten) abgeschlossene Projektteil ALD-II war der Behandlung der elaborierten Morphologie, der Syntax und des Lexikons gewidmet.
Theoretische und methodische Grundkonzeption
Hinsichtlich des Forschungsziels und angewandten Methode stehen sowohl der ALD-I als auch der ALD-II zur Gänze in der Tradition der von Jules Gilliéron (1854-1926) mit dem ALF („Atlas linguistique de la France“) begründeten und von Karl Jaberg (1877-1958) und Jakob Jud (1882-1952) über den AIS („Atlante italo-svizzero“) fortgeführten Tradition der klassischen romanischen Sprachgeographie.
Somit dient der ALD der Erhebung und Dokumentation der dia- bzw. basilektalen Kompetenzen von im Allgemeinen mehrsprachigen Gewährsleuten, die in den 217 Messpunkten des Untersuchungsgebietes ihren Lebensmittelpunkt haben bzw. sich dort „heimisch“ fühlen.
Dabei wird unterstellt, dass dieselben Sprecher den von ihnen bewohnten Raum über ein komplexes Wechselspiel von dialektalen Kon- und Divergenzen in sprachlicher Hinsicht „bewirtschaften“.
Die im Rahmen der beiden Teile des Projekts ALD gesammelten Sprachdaten erlauben es, die „basilektale Bewirtschaftung“ des Raumes der ALD-Zone näher kennen zu lernen bzw. qualitativ und quantitativ zu untersuchen.
Zugleich stellen die aufeinander aufbauenden Projektteile ALD-I und der ALD-II – analog zum Verhältnis zwischen dem französischen Nationalatlas ALF und den diversen französischen Regionalatlanten (NALF: „Nouveaux atlas linguistiques de la France“) – eine kleinräumige (und feinmaschige) Nachuntersuchung zu den großräumigen (und weitmaschigen) italienischen Nationalatlanten AIS und ALI („Atlante linguistico italiano“) dar.
Erhebungsmethode
- Direkte Exploration im Feld durch linguistisch geschulte Dialektologen
- sofortige Transkription der nach dem Dafürhalten der Gewährsleute als „dialektal“ dargebotenen Antworten; parallele Tondokumentation für spätere Überprüfungs- und Archivierungszwecke
- Abfragemodalitäten:
- ALD-I: kontrastives Abfragen des Fragebuchs in jeder der 217 explorierten Ortschaften bei mindestens zwei Informanten, die voneinander in zwei der folgenden fünf sozialen Variablen differieren mussten: Alter, Beruf, Geschlecht, Religion, Bildung.
- ALD-II: Abfrage bei prinzipiell nur einer Gewährsperson pro Messpunkt, wobei allerdings diese Beschränkung – bedingt durch die Komplexität des Fragebuchs – nur selten möglich war.
- Photodokumentation („Ethnophotographie“)
Untersuchungsnetz
Nordostoberitalien und Südostschweiz; Gesamtfläche: rund 25.000 km2; abgedeckt durch 217 Messpunkte; mittlere Entfernung zwischen den Messpunkten: rund 10 km. Einbezogene Regionen bzw. Provinzen (von West nach Ost): Ober- und Unterengadin, Ostlombardei, das Trentino, die brixnerisch-tirolische Ladinia (bestehend aus den ladinophonen Teilen Südtirols, des Trentino und des Veneto), das nördliche und mittlere Veneto, das westliche Friaul.